Im folgenden soll hier noch einmal verdeutlicht werden, warum gerade die
Förderung der Kreativität für die sozialpädagogische Arbeit bedeutungsvoll ist.
Dabei soll die Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, welche Eigenschaften bei
kreativen Menschen besonders hervortreten.
J.P. Guilford und V. Loewenstein ( Guilford/ Loewenstein In.: Tritten, Malen -
Erziehung zur Farbe, Bern, 1985,S.13 ff.), die Begründer der amerikanischen
Kreativitätsforschung, haben in den fünfziger Jahren mit ihren Untersuchungen
begonnen.
Dabei fanden sie Eigenschaften heraus, die kreative Menschen auszeichnen. Diese
scheinen mir besonders geeignet zu sein, sie als Ziele der Förderung von
Kreativität in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen anzustreben.
Sensitivität - stellt für Guilford und Loewenstein die erste Eigenschaft dar.
Darunter verstehen die beiden Forscher die Wachheit der Sinne und Offenheit für
alle Fragen des Menschen, seiner selbst und seiner Umwelt. Der sensitive Mensch
nimmt nicht nur Unterschiede wahr, er spürt ihre Qualitäten und Werte heraus.
Sein verfeinerter Wahrnehmungsapparat erkennt sofort die Dinge die
außergewöhnlich sind. Gerade an ihnen bildet sich seine Vorstellung und sein
Gedächtnis aus.
Als zweite Eigenschaft bezeichnen sie die Fähigkeit, im Zustand der
Aufnahmebereitschaft zu bleiben, d.h.: Wahrnehmung nicht nur zu speichern,
sondern umzusetzen, oder auf andere Sachen zu übertragen. Ideen werden nicht nur
festgehalten, sondern weiter zu entwickelt, aus Assoziationen gelingt es die
Schlüsse zu ziehen und stereotype Lösungen werden umgangen um damit
konventionelle, passive Denkweisen auszuschließen.
Von außerordentlicher Bedeutung in diesem Prozeß ist die Rolle des
Gedächtnisses. Es steht uns als treuer Begleiter zur Seite, hält die Resultate
unserer Untersuchen fest und gibt ihnen Bestand, in dem es sie ins Bewußtsein
erhebt.
Als dritte Eigenschaft kennzeichnet den schöpferischen Mensch ferner geistige
Beweglichkeit. Er findet sich schnell in Situationen zurecht, reagiert und
kombiniert und findet in kurzer Zeit eine Reihe von Lösungen zu einem Problem.
Er zeigt eine ausgesprochene Lust am Experiment die ihm befähigt, Materialien,
Gegenstände, Situationen, aber auch Vorstellungen und Gedankengänge
umzugruppieren und neue zu formen. Er weiß die der Materie immanenten
Formmöglichkeiten aufzuspüren und auszunutzen.
Eine vierte entscheidende Gabe des schöpferischen Menschen ist die Fähigkeit zur
Analyse. Er spürt die Möglichkeiten das Wesentliche und Bedeutungsvolle heraus
und weiß es gegen das Unwichtige abzusetzen.
Für die Gestaltung ist das ein äußerst wichtiger Prozeß, weil durch ihn jene
Elemente gefunden werden, die für die Gestaltung taugen. Der analytische Geist
zeigt zudem ein aktives Verhalten und eine größere Neugier seiner Umwelt
gegenüber.
Eine weitere (fünfte) Fähigkeit, die den schöpferischen Menschen auszeichnet,
ist diejenige des Zusammenfassens, Ordnens, Wertens, der Synthese.
Dank ihr fügt er kombinierend die verschiedenen Teile zu einem ganzem ( z.B.
Komposition) zusammen und schafft eine sinnvolle Ordnung. Er zieht Schlüsse,
findet neue Ideen und gibt ihnen ihren Wert in Rahmen einer Untersuchung.
Als sechste Eigenschaft haben die beiden oben genannten Forscher die
Originalität herausgearbeitet. Der kreative Mensch schafft aus banalen
Gegebenheiten individuelle, neue und einzigartige Lösungen und zwar sind es
Lösungen, die eine Verdichtung darstellen. Auf der Suche nach Neuem schöpft er
aus der Phantasie, wobei er Neues nicht aus dem Nichts sondern in den meisten
Fällen aus Bestehendem schafft . Er reagiert aber negativ auf jede Norm, wie sie
uns in allen Bereichen des Lebens gezeigt, vorgelebt und von uns gefordert wird.
Er sucht das A - Normale im richtigen Sinne des Wortes, die Neuschöpfung. Das
Neue ist sozusagen die Essenz der Kreativität. Im extremsten Fall ist das
originale Werk nicht nur einzigartig, sondern einzig, es hat nichts
seinesgleichen, kein Voher. ( Vgl. : Tritten, 1985,Bern, S.13 ).
An diesem Punkte dieser Arbeit wird zunehmend deutlich, welcher Prozeß in Gang
gebracht werden muß, um im sozialpädagogischen Alltag: Kreativität zu
thematisieren und welche Anforderungen an die professionelle Arbeit des
Sozialarbeiters/ Sozialpädagogen daraus resultieren. Ein wesentlicher Beitrag
zur Kreativitätsentwicklung kann die Sozialpädagogik dadurch leisten, daß sie
dem Kinde und dem Jugendlichen zu ästhetischen Erfahrungen, außerhalb von
Elternhaus und Schule, verhilft und Wege aufzeigt wie diese im Alltag sinngebend
integriert werden können. Dazu soll im Folgenden das Besondere der ästhetischen
Erfahrung näher beschrieben werden.